Aktuelles: News, Veranstaltungen,
Empfehlungen

Offener Brief zur Upload-Debatte

07.03.2019 - 

Die Diskussion um den Uploadfilter als Teil der EU-Urheberrechtsreform bestimmt vielerorts die Nachrichten. Bereits Anfang März versuchte die konservative Europäische Volkspartei (EVP) die Abstimmung im EU-Parlament vorzuverlegen, um den geplanten europaweiten Protesten am 23. März 2019 zu entgehen. Die Vorverlegung der Abstimmung würde einen massiven Eingriff der Meinungsfreiheit und des Demonstrationsrechts bedeuten. Daher stieß dieser Vorstoß bei vielen Akteuren – Vertreterinnen und Vertreter der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft und der Internetkultur – auf Widerstand, den sie in einem offenen Brief formulierten.

Auch Vorstandvorsitzende Ruth Schöllhammer unterzeichnete im Namen des Deutschen Gründerverbands den offenen Brief gegen die Vorverlegung der Abstimmung zur Einführung von softwaregesteuerten Filtern. Mit Erfolg, denn die Abstimmung über die EU-Urheberrechtsreform wird wie geplant Ende März 2019 stattfinden.

Uploadfilter: Worum geht es?

Ende März entscheiden die Abgeordneten des Europa Parlaments über die Ausrichtung des Internets. Seit Wochen protestieren Menschen in Europa gegen diese EU-Urheberrechtsreform, wobei vor allem das Leistungsschutzgesetz (Artikel 11) sowie der Uploadfilter (Artikel 13) im Vordergrund stehen.

Im Zentrum der EU-Copyright-Reform stehen die Vertragsbedingungen von Kreativen und den verbesserten Schutz vom geistigen Eigentums. Tatsächlich scheinen zunächst Interessen der Medien-Industrie im Vordergrund der Reform gerückt zu sein. Kritisiert werden besonders Artikel 11 mit einem europaweiten Leistungsschutzrecht für Presseverlage sowie der Uploadfilter in Artikel 13.

Hierbei sollen Betreiber von Plattformen mit nutzergenerierten Inhalten künftig für unautorisierte Veröffentlichungen urheberrechtlich geschützter Werke haften. Sie sind angehalten, Inhalte, die Urheberrechte verletzen, entweder zu sperren oder zu lizenzieren. Das bedeutet, dass Inhalte zunächst geprüft werden müssen und bei der Menge allein hochgeladener Videos auf YouTube (pro Minute werden etwa 400 Stunden Videomaterial zu YouTube hochgeladen), kann dies wirtschaftlich und technisch nur mithilfe von sogenannten Uploadfiltern umgesetzt werden.

Es besteht natürlich die Möglichkeit, dass die Plattformbetreiber mit den Rechteinhabern beziehungsweise Verwertungsgesellschaften Lizenzverträge abschließen. Doch das ist nicht praktikabel.

Wie funktioniert ein Uploadfilter?

Für eine Überprüfung von Datenmassen werden normalerweise Maschinen eingesetzt. Stellen Sie sich den Uploadfilter als eine auf dem Server installierte Software vor, welche beim Hochladen die Daten prüft und gegebenenfalls abweist. So können beispielweise automatisiert Bild-, Sprach- und Texterkennung nach vorher festgelegten Kriterien überprüft werden. Die Zuverlässigkeit der eingesetzten Technologien ist umstritten, da sie Ausnahmen und Sonderfälle nicht beachtet.

Vielen Plattformbetreibern werden kaum Alternativen haben, als Software-Filter einzurichten, die jedes Foto, jedes Video, jede Musikdatei und jeden Beitrag, den Nutzer irgendwo posten, prüfen und problematische Inhalte aussortieren. Große Konzerne wie YouTube oder Facebook setzen solche Technologien bereits ein.

Kritik zum geplanten Artikel 13

Kritiker sehen in den automatisierten Filtern eine Einschränkung und somit mögliche Zensur des Internets. Prominente Internetpioniere wie Tim Berners-Lee warnen vor der Einführung von Uploadfiltern. Denn wirksame Maßnahmen, die rechtmäßig eingestellte Inhalte unmittelbar vor entsprechender Blockung schützen, werden im aktuellen Reformtext nicht genannt. Erinnern wir uns daran, dass eine der Erfolgsformeln des Internets, das Teilen von Informationen und Inhalten ist. Die geplante EU- Urheberrechtsreform stellt für diese Art des Dialogs eine Gefahr dar. Sie lässt ermöglicht eine Überwachung des World Wide Web, strebt eine europäische Lösung an. Sie formuliert Bestrafungen, bei Missachtung, bevor sie denkbare Alternativen und Lösungen zu bietet.

Sascha Lobo beschreibt in seiner Spiegelkolumne  (http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/urheberrechtsreform-wollt-ihr-europa-zerstoeren-a-1252993.html) treffend: „Uploadfilter können Parodien nicht erkennen, legitime Zitate machen große Schwierigkeiten und noch dazu sind gerade die großen Urheberrechtslobbys, die Majorlabels der Musikindustrie, die Filmindustrie, die Verlagskonzerne boshaft großzügig mit der Auslegung eigener Urheberrechtsansprüche.

Ja, das Internet wird nicht nur ärmer, durch den Einsatz dieser Filter, sondern auch weniger frei und demokratisch.

Die Bundesregierung und das EU-Urheberrecht

Und das, obwohl die CDU/CSU mit dem SPD im Koalitionsvertrag vom März 2018 sich einigten, keinen Uploadfilter einzuführen, da die Gefahr besteht, aus dem offenen Internet „ein Werkzeug für die automatisierte Überwachung und Kontrolle der Nutzer machen", stimmte die EU-Vertretung der Bundesregierung dem ausgehandelten Kompromiss zum EU-Urheberrecht zu.
 

Wortwörtlich steht im Koalitionsvertrag vom März 2018: „Eine Verpflichtung von Plattformen zum Einsatz von Uploadfiltern, um von Nutzern hochgeladene Inhalte nach urheberrechtsverletzenden  Inhalten zu ‚filtern’, lehnen wir als unverhältnismäßig ab."

Ausnahmeregelung zum Artikel 13

Gründer und Startups wurden in einer Ausnahmeklausel von der Pflicht eines Vorfilterns der Inhalte befreit. Bei folgenden drei Kriterien gilt Artikel 13 nicht:

  • Ein Unternehmen ist weniger als drei Jahre alt.
  • Das Unternehmen weist einen Jahresumsatz von unter zehn Millionen Euro auf.
  • Die Plattform hat monatlich weniger als fünf Millionen Besucher.
  • Weitere Ausnahmen für Memes und GIFs

Eine weitere Ausnahme sieht der Artikel 13 für die Verwendung von Memes und GIFs vor. Diese dürfen weiterhin lizenzfrei auf urheberrechtlich geschütztes Material im Netz zurückgreifen.

Geplante Protestaktionen im März

Bereits am 21. März 2019 wird die deutschsprachige Onlineenzyklopädie Wikipedia offline sein, um gegen die geplante EU-Urheberrechtsreform, insbesondere gegen Uploadfilter, zu protestieren.
Obwohl Artikel 13 die Wikipedia Fundation bei den Haftungsregeln ausklammert, befürchtet die Mehrheit der Wikipediaredakteure massive Einschnitte in ihrer Arbeit.

Am 23. März 2019 haben Kritiker der Reform in mehreren EU-Ländern gegen das Vorhaben demonstrieren. Unter anderem ruft die Piratenpartei gemeinsam mit den Partnern der Kampagne #Saveyourinternet (https://savetheinternet.info) zu europaweiten Demonstrationen auf. Laut Angaben der Organisation „Save the internet“ haben sie bereits etwa 5 Millionen Stimmen wurden gesammelt, die gegen die aktuelle Version der EU-Urheberrechtsreform, genauer gesagt gegen Artikel 11 bis 13 sind. Ihrer Meinung nach schränkt die geplante Reform die Meinungsfreiheit im Internet massiv ein!

Der geplante Artikel 13 betrifft auch Foren. Bisher haben sich 413 Foren mit 18.712.796 Mitgliedern in der Initiative „Foren gegen Upload- Filter“ zusammengeschlossen, um gegen die geplanten Einschränkungen zu protestieren.

Weitere Informationen zum Thema EU-Urheberrechtsreform: